Freitag, 19. September 2014

Tierfreitag: Socca aus Nizza mit Auberginen-Tomaten-Gemüse

Ob es an dem schwülwarmen Wetter lag, das ein Gewitter versprach, das dann doch nicht kam oder was auch immer die Gründe dafür waren: Mein angerührter Soccateig gärte schneller, als ich zugucken konnte. Zu meinem Leidwesen musste ich die ganze Schüssel mit Teig wegkippen. Beim zweiten Durchgang klappte es dann besser. Ein bißchen dünn war die fertige Socca mir jedoch geraten. Das Backblech war einfach zu groß für die vorhandene Teigmenge.
Die Socca von Nizza ist eine Art übergroßer Crèpe aus Kichererbsenmehl, der traditionell auf einer runden, mit Kupfer plattierten Platte im Holzbackofen oder dem Ofen eines Bäckers gebacken wurde. Einst war Socca eine Arme-Leute-Speise. Auch wenn heutzutage der Preis für ein Stückchen Socca in Nizza sehr touristisch geworden ist und bei drei Euro oder mehr liegt.

Wie so vieles in der Gastronomie von Nizza, stammt die Socca ursprünglich aus Italien. Was die echten Nizzaer natürlich abstreiten. Sie behaupten, daß sie sich sowohl aus der italienischen als auch der provençalischen Küche etwas geliehen hätten. Daraus sei dann ihre eigene Cuisine niçoise entstanden. Das bekräftigen die Nizzaer auch damit, wie sie Socca aussprechen: Das A am Schluß wird verschluckt.

Die Grafschaft Nizza samt allen Einwohnern, so erzählt es die örtliche Geschichte, sei niemals besiegt worden, weder von den Italienern noch von den Franzosen. Das soll daran gelegen haben, daß sie in ihrem Schloß große Vorräte an Kichererbsenmehl und Olivenöl gelagert hatten. So konnten sie den Belagerungen der jeweiligen Angreifer standhalten, manchmal sogar monatelang, ohne ausgehungert zu werden. Es ist allerdings nicht sicher, ob die Nizzaer aus diesen Vorräten tatsächlich Socca buken. In dem Buch Mà qu èra Catarina Segurana?, das Raoul Nathiez schrieb- ein großer Verfechter der Nizzaer Kultur und autochthonen Sprache Nisaart und Herausgeber der zweisprachigen Kulturzeitschrift Lou Sourgentin - wird erzählt, daß die Nizzaer im Jahr 1543 während einer Belagerung durch ein osmanisch-französisches Heer kochendes Olivenöl vermischt mit Kichererbsenmehl auf die Belagerer schütteten. Diese heiße Mischung soll die Angriffslust der Angreifer schnell abgekühlt haben. Dabei hätten die Nizzaer per Zufall auch die Herstellung der Socca entdeckt.
Daß die wahre Historie ein ganz klein wenig anders war, stört einen echten Nizzaer nicht. Den Franzosen ging unerwartet das Pulver aus. Das französisch-osmanische Heer konnte zwar die Stadt Nizza erobern, aber nie die  Zitadelle, in der sich tapfere Nizzaer verschanzt hatten. Barbarossa, der auch bei der Belagerung mitmischte, war sauer, weil der französische Graf von Enghien Barbarossas Heer den Zutritt zu der eroberten Stadt Nizza verwehrt hatte und verweigerte zunächst seine Hilfe. Als Kaiser Rotbart dann endlich bereit war, den Belagerern zu helfen, traf die Nachricht ein, daß ein kaiserliches Entsatzheer des römisch-deutsch-spanischen Kaisers Karl V. auf dem Vormarsch sei, um den belagerten Nizzaern zu helfen. Der starke Regen, der obendrein noch einsetzte, hinderte die Belagerer an weiteren Bombardements, weil das Pulver feucht wurde. Franzosen und Barbarossa zogen sich zurück. Die Osmanen brandschatzten noch ein bißchen in der Gegend herum und segelten schließlich gen Toulon ab. Dabei ging es bei diesem ganzen kriegerischen Verwirrspiel gar nicht um Nizza, sondern um die Vorherrschaft in Italien, um die das französische Königshaus Valois und die Habsburger rangen.

Wahrscheinlicher ist jedoch, daß die Socca im 19. Jahrhundert mit den Immigranten aus Genua nach Nizza kam. Das Geschäft mit der Socca begann mit den genuesischen Zimmerleuten, die von Napoleons Armee nach Toulon gebracht wurden, um dort in den Schiffswerften zu arbeiten. So richtig populär wurde die Socca um 1900 dank einer Nizzaerin namens Théresa. Diese geschäftstüchtige Dame verkaufte ihre heißen Soccas in aller Herrgottsfrühe direkt von einem fahrbaren Ofen an Fischer, bevor diese aufs Meer hinausfuhren.
Zu dieser Zeit wurde es dann schnell Sitte, daß sich Handwerker, Fischer und Arbeiter im Altstadtviertel von Nizza zum Casse-croûte, dem zweiten Frühstück trafen, ihr heißes, frisch aus dem Ofen kommendes Stück Socca mit ein wenig Brot aßen und mit einem kräftigen Schluck Mascara Rotwein hinunterspülten. Sowohl dieser Billigwein aus Algerien als auch die Sitte, das Frühstück in der Altstadt zu nehmen, sind heute fast verschwunden.

Eine gute Socca sollte außen knusprig sein und innen weich. Sie wird sehr heiß gegessen, am besten direkt aus dem Backofen. So schmeckt sie am besten. Dazu dann ein Glas kühlen Roséwein...


Socca aus Nizza mit Auberginen-Tomaten-Gemüse
250 g Kichererbsenmehl
½ l Wasser
1 TL Meersalz
3 EL Olivenöl nativ extra
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Anis- oder Fenchelsamen
1 Rosmarinzweig
1 Bohnenkrautzweig
1 Thymianzweig
Für das Auberginen-Tomaten-Gemüse:
1 große Aubergine
4 Tomaten
3-4 Knoblauchzehen
5-6 EL Olivenöl nativ extra
Meersalz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Provencekräuter
1 Zitrone
 
Das Kichererbsenmehl in eine Schüssel geben. Mit 1 TL Meersalz vermischen. Mit dem Schneebesen nach und nach das Wasser unterrühren. Aufpassen, daß es keine Klümpchen gibt. Zum Schluß das Olivenöl gut unterrühren. Den Teig bei Zimmertemperatur circa 4 Stunden ruhen lassen.

Den Backofen auf 250ºC vorheizen. Ein Backblech mit Olivenöl einpinseln. Rosmarin, Bohnenkraut und Thymian von den Stielen streifen und klein hacken. Mit den Anissamen mischen. Den Soccateig in das Backblech gießen. Mit etwas Olivenöl beträufeln und mit der Kräutermischung bestreuen. Das Backblech in den vorgeheizten Backofen schieben und bei 250ºC circa 7-10 Minuten backen. Für die letzten 3-4 Minuten die Funktion Grill einschalten.

Das Blech aus dem Ofen nehmen. Die Socca mit Meersalz bestreuen, in Stücke schneiden und zu dem Gemüse servieren.

Für das Auberginen-Tomaten-Gemüse die Tomaten in dicke Scheiben schneiden, entkernen und dann in Würfel schneiden. Die Knoblauchzehen häuten und in feine Scheiben schneiden.  2 EL Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Knoblauchzehen im heißen Öl 2-3 Minten anschwitzen. Tomatenwürfel zugeben, leicht salzen, mit Provencekräutern würzen und bei mittlerer Hitze circa 5 Minten schmoren. Die Tomatenwürfel sollten nicht zerfallen.  Vom Herd nehmen.

Die Auberginen nach dem Abschneiden des Steilansatzes längs in dicke Scheiben schneiden, die Scheiben in Streifen und diese dann in Würfel. Das restliche Olivenöl in einer anderen Pfanne erhitzen. Auberginenwürfel im heißen Öl rundum kunsprig goldbraun braten. Das dauert circa 4-5 Minuten. Leicht salzen und mit etwas Zitronensaft beträufeln.

Tomaten und Auberginen mischen. Mit Pfeffer abschmecken und zur Socca servieren.
tierfreitag

2 Kommentare:

grain de sel hat gesagt…

Diese Woche habe ich eine Socca im Ofen gebacken, die mir granatenmäßig hängen blieb. Und knuspriger hätten sie auch sein sollen. Also meine Ofenvariante ist noch schwer ausbaubar - die Rezeptsuche damit noch nicht beendet. Und Form und Teigmenge sind auch riesig entscheidend... hach, vielleicht braucht man auch einen Holzofen... ;)

Margit Kunzke hat gesagt…

@grain de sel: Meine Socca blieb auch hängen. Knusprig war sie, nur zu dünn. Aber sie hat ausgezeichnet geschmeckt. So gut, daß ich es demnächst mit dem gleichen Teig und einem kleineren Backblech noch einmal probieren werde. Dann berichte ich ;-)