Mittwoch, 1. August 2012

Für die Gourmetküche: Aromatisierte Salze selbst gemacht

Salz ist auch nicht mehr das, was es einmal war: Ein schlichtes Konsumprodukt mit der chemischen Formel NaCl. Schon seit Jahren geben sich die Chefs von Gourmet Restaurants und ehrgeizige KöchInnen nicht mehr damit zufrieden, einfach nur ein Salz in ihrer Küche zu haben. “Wie Du hast 16 Sorten Salz in Deiner Küche?” frug mich kürzlich Sonià, die Reporterin des regionalen valencianischen Senders Canal9 erstaunt, als sie mich besuchte, um mich beim Kochen zu filmen.

Die Modeerscheinung ist zwar bereits etwas abgeflaut, doch bei vielen KöchInnen blieb die Angewohnheit, mehrere Salzsorten im Hause zu haben: Fleur de Sel, Maldon Salt, Schuppensalz, graues, schwarzes oder rosafarbenes Salz, geräuchertes und gewürztes Salz, Meersalz, Steinsalz, aromatisierte Salze, etc., etc., etc. Mit den Salzsorten, die es heute auf dem Markt gibt, von Tahiti bis zur Kalahari Wüste, verfügen wir quasi über Salzstreuer ohne Grenzen. Es sei denn, die Grenze setzt der Geldbeutel.

Salz ist möglicherweise das älteste Würzmittel der Welt. Seine Geschichte reicht viele tausend Jahre zurück. Salz beeinflusste Kulturen, Sitten, Religionen und  Glauben. Für unsere Vorfahren war Salz so wichtig wie Gold, sein Preis so hoch wie der für Diamanten. Salz war begehrtes Handelsobjekt. Im Mittelalter führte es zu Salzkriegen und politischen Machtkämpfen zwischen den Herrschern. Es gab Zeiten, da war Salz ein Zahlungsmittel. Da erkennt man noch heute an dem Wort Salär bzw. Sold, einst die tägliche Salzration, mit der die römischen Soldaten bezahlt wurden. 
Salinen von Santa Pola bei Alicante
  Salz war nicht nur hochgeschätzt und teuer, sondern man benutzte es auch, um soziale Ränge zu unterscheiden. Vom Mittelalter bis zur Renaissance war es üblich, an den Tafeln der Könige und Adeligen den Salzstreuer in die Nähe des Gastes zu stellen, den man für den würdigsten hielt. Je weiter man vom Salzstreuer entfernt saß, desto niedriger war man sozial eingestuft, nicht wert, in der Nähe eines solch kostbaren Gewürzes zu sitzen.
 Der Salzhandel war damals ein äußerst lohnendes Geschäft. Viele Städte kamen durch Salzhandel zu Reichtum. Rom entstand zum Beispiel an der Stelle, wo sich der Salzhandelsweg mit dem Lauf des Tibers kreuzte. Der römische Schriftsteller Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus (485-580) schrieb: Der Mensch kann ohne Gold, aber nicht ohne Salz leben. Griechen und Römern verwendeten ausschließlich Meersalz. Mit Hilfe von Sonne und Wind verdunstete in den Salzgärten das Meerwasser. Auf dem Boden der ausgetrockneten Becken blieb festes Salz zurück. Diese Art der Salzherstellung ist mit viel Aufwand verbunden und so war Salz bei den Römern ein hoch geschätztes Gut.

Graues Sel de Guerande
Nicht nur die Römer, sondern auch die Kelten waren Meister der Salzgewinnung. In Hallstatt, dem ältesten bekannten Bergwerk der Welt, förderten die keltischen Bergleute das Mineral mehrere Jahrhunderte lang zutage. Dabei trieben sie mit einfachster technischer Ausrüstung bis zu 300 Meter tiefe Schächte in die Erde. Von dem kleinen Ort in den österreichischen Alpen wurde das weiße Gold nach Deutschland, Italien und auf den Balkan exportiert. Durch den Salzhandel häufte Hallstatt großen Reichtum an. Die glanzvolle Epoche Hallstatts ging im 4. Jahrhundert vor Christus zu Ende, als ein katastrophaler Erdrutsch große Teile der Bergbauanlagen verschüttete.
Im Mittelalter wurde Salz vorwiegend durch das Sieden von Sole hergestellt. Dazu schuf man Hohlräume im Salzgestein und leitete Wasser ein. Die dabei entstehende Sole wurde in die Salinen geleitet und dann über Tage gesiedet. In sogenannten Pfannen wurde das Salzwasser so lange erhitzt bis alle Flüssigkeit verdampft und nur noch Salz übrig war. Eine der bekanntesten deutschen Salzstädte war Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg.
Ein Indiz für die damalige Bedeutung von Schwäbisch Hall war die Einrichtung einer Münzprägestätte Dort wurde der Heller geprägt, eine Münze, die bald in ganz Mitteleuropa bekannt war.

Hibiskussalz aus Ibiza
Das war alles vorbei, als seit dem♠ 20. Jahrhundert Salz industriell gewonnen und verarbeitet werden konnte. Das einstige Luxusgut wurde zum billigen Alltagsprodukt.
Noch immer gibt es hochwertige Meersalze, die nach wie vor in reiner Handarbeit gewonnen werden. Das macht sie auch teurer, als die übrigen Kochsalze. Besonders kostbar ist das Fleur de Sel bzw. Flor de Sal, die Salzblume. Die warme Sonne und die Winde lassen an der Wasseroberfläche der Meerwassersalinen die kostbare Salzblume entstehen. Die Salzbauern warten geduldig auf den richtigen Moment, um die an der Wasseroberfläche entstehenden Salzplättchen mit einer Holzkelle von Hand ernten können. Verpasst man diesen Moment, so werden die Salzkristalle zu groß und sinken zum Boden des Bassins, wo diese nur noch als gewöhnliches Meersalz geerntet werden können. Fleur de Sel hat einen weicheren Geschmack als normales Salz und ist weniger salzig und frischer als normales Salz. Bekannt sind das französische graue Fleur de Sel de Guérande aus Guérande im Süden der Bretagne und das Fleur de Sel de Camargue aus Südfrankreich.
Trocknendes Rosensalz
In Spanien kennt man das Flor de sal de Ibiza, das ausschließlich im Naturpark Parc Natural de Ses Salines d’Eivissa gewonnen wird. Es ist ein weißes, aromatisches Salz, das leicht zum hellrosa tendiert. Aus Mallorca stammt das Flor de sal D’Es Trenc Es wird in den Salinas de Levante  in der Nähe des Strandes Es Trenc von Katja Wohr und Robert Chaves gewonnen.Die beiden erweckten die seit phönizischer und römischer Zeit bekannten Salinen im Jahr 2003 wieder zum Leben.

Das bekannteste Salz aus England ist das Maldon Salz. Es handelt sich um ein Meersalz,  das in Essex von einem alten Familienunternehmen gewonnen wird. Das Meerwasser wird bei Flut in Wannen verkocht. Die so entstandenen Salzkristalle haben einen feinen, aromatischen Geschmack. Die pyramidenförmige Struktur verleiht dem Meersalz eine besonders feste, knusprige Konsistenz.

Trocknendes Orangensalz
 Die Rezepte: Mittelgrobes  Meersalz ist die Basis für die Herstellung von feinen Gewürzsalzen. Man kann Gewürzsalze natürlich auch fertig kaufen - allerdings bleibt hier das Aroma meist hinter den Erwartungen zurück. Das ist bei selbst gemachten Gewürzsalzen nicht der Fall. Sie haben ein wunderbares Aroma.
 Der Herstellungsprozeß meiner selbst gemachten Salze ist im Prinzip immer gleich. Ich verwende sogenanntes feuchtes Meersalz ( sal húmeda). Das ist unbehandeltes Meersalz, das naturbelassen ist und durch keinerlei chemischen Zusatz rieselfähig gemacht wurde. Es ist auch in Deutschland erhältlich. Das vermische ich mit frisch gezesterter Orangen-, Limetten- oder Zitronenschale oder mit Rosenblättern oder Lavendelblüten.  Ich verwende frisch gezesterte Schalen bzw. frische Blüten, weil sie wesentlich mehr Aroma abgeben, als getrocknete. Für ein Kilo Salz verwende ich die Schale von circa 10 mittelgroßen Orangen oder Zitronen oder 18 Limetten.  Dann wird die Mischung auf einem großen Backblech in die heiße Mittagssonne gestellt. Nach circa anderthalb bis zwei Stunden hat das Salz den Duft und das Aroma aufgenommen. Die Schalen bzw. Blüten sind trocken. Dann zerreibe ich Salz und Schalen bzw. Blüten noch etwas zwischen meinen sauberen Händen und fülle alles in gut schließende Gefäße ab. Für Vanillesalz verwende ich Vanilleschoten, deren Mark ich für etwas anderes benötigte. Ich schneide sie in Stücke und stecke sie einfach in ein Gefäß mit Salz. Nach etwa drei Wochen hat das Salz das Vanillearoma angenommen.


Rotweinsalz - Sel de vin
 Etwas aufwendiger ist die Herstellung des Rotweinsalzes Sel de vin. Das Meersalz wird ebenfalls auf einem Blech oder großen Teller ausgebreitet. Dann gießt man vorsichtig und langsam so viel Rotwein dazu, wie das Salz aufnehmen kann. Das Salz darf nicht im Rotwein schwimmen, sonst löst es sich auf. Dann lässt man das Salz zwei bis drei Stunden im Schatten trocknen. Diese Prozedur wird zwei- bis dreimal wiederholt, bis die Salzkristalle vollständig mit Rotwein gesättigt sind.
Wer jetzt nicht das Glück hat, im Sommer garantiert viele heiße Sonnentage zu haben, kann die Salze auch im Backofen herstellen. Das Blech mit dem Salz wird in den circa 50-60ºC heißen Backofen geschoben und bleibt dann 2-3 Stunden im Ofen. Damit die Feuchtigkeit abziehen kann, stecke ich einen Holzkochlöffel in die Backofentür, damit sie einen Spalt offen bleibt. Der Trockenvorgang muß penibel überwacht werden. Bleibt das Salz zu lange im Ofen, verliert es sein Aroma. Mit Kräutersalzen habe ich keine so gute Erfahrung gemacht.Das Ergebnis war eher enttäuschend.


Hühnerbrust mit Fenchel und Limettensalz
 Wozu verwendet man die aromatisierten Salze?
 Orangen-, Zitronen- und Limettensalz passen hervorragend zu Geflügel, Garnelen oder Fisch. Rosensalz wird viel in der marokkanischen Küche verwendet, und es schmeckt auch ausgezeichnet zu Salaten, Quark, Fisch und Gemüse. Rotweinsalz verleiht einem gebratenen Steak oder Wild den letzten Pfiff. Jakobsmuschelngewürzt mit Hibiskussalz sind ein ganz besonderer Genuß. Lavendelsalz paßt wunderbar zu Fisch und Meeresfrüchten. Man würzt mit diesen Aromasalzen erst dann, wenn das Gericht fertig ist. Zum Mitkochen sind sie zu schade.


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