Montag, 21. November 2011

Festmahl für den Dogen: Risi Bisi mit Morcheln

Risi Bisi, korrekt geschrieben Risi e bisi, ist ein Klassiker der venezianischen Küche. Am 25. April, dem Tag des heiligen Sankt Markus, wurde das Risottogericht dem venezianischen Dogen serviert. Nur als erster Gang natürlich, denn beim anschließenden Festmahl  folgten noch etliche kulinarische Köstlichkeiten. Die Chroniken des 16. und 17. Jh. erzählen von einer Reihe unglaublich luxuriöser Bankette.
Man lebte damals schließlich im Barock. Allein das Wort trägt schon eine Assoziation von Fülle und Übermaß mit sich. Barocke Lebens- und Eßlust bedeutet Sinnengenuß pur. Vor allem Schaugerichte stehen hoch im Kurs: Ganze Kapellen und Hofzwerge werden in Pasteten eingebacken. Wein fließt aus Brunnen in Strömen, und was die Gäste auf einem barocken Bankett verschlangen ist heute schier unvorstellbar. Das Barock singt und lacht und frißt, Wörter wie Diät sind verpönt, Mäßigkeit ist unfein. In Belinda Rodiks Buch Trimalchios Fest steht über ein Festmahl im Barock: "Er schritt zu seinem letzten Schaugericht. Hoch reckte sich die Skulptur, glänzend weiß, ein Bauwerk, das aus reinem Zucker gemacht zu sein schien. Es zeigte das letzte der Weltzeitalter, das Zeitalter der Fische. Meerestiere jeglicher Art, wie sie in den vielen Jahren seines Lebens durch Nikolaus' Hände gewandert waren, um als schmackhafte Speisen auf den Tafeln der Reichen und Mächtigen zu enden, zierten das Backwerk. Muscheln bildeten das Bett, Seesterne, Krabben und Langusten krochen daraus hervor. Aus den stilisierten Wellen, die sich darüber aufbäumten, reckten edelsteingeschmückte Fische ihre Köpfe. Die Krönung des Ganzen aber bildete der Leviathan, das Ungeheuer der Meere, das sein perlmuttbesetztes geschupptes Haupt zum Himmel reckte ..."
Giovanni Bellinis Portrait des Dogen Leonardo Loredan um 1501. Es hängt in der National Gallery in London
Am besten schmecken Risi e bisi mit frischen Erbsen. Das wussten auch die Köche der Dogen. Waren die ersten Frühlingserbsen von der Insel San Erasmo im Aprril noch nicht lieferbar, wurden die Erbsen von weither geschafft. Da vergaßen die Venezianer sogar ihre SeeFeindschaft mit den Genuesen, denn diese konnten die frischen, grünen Erbsen zu diesem Zeitpunkt oft schon liefern. Da sieht man wieder einmal, daß kulinarische Genüsse notfalls auch Feinde an einem Tisch zum fröhlichen Mahl vereinen können.

Es heißt auch, daß die Anwohner der venezianischen Küste gern Gemüse aßen. Angeblich soll diese Vorliebe daher kommen, daß auf den langen Seereisen der Smutje das Essen auf dem Schiff nur aus konservierten Lebensmitteln zubereiten konnte. Wieder an Land, hatten die Seefahrer Lust auf Frischkost. Möglicherweise wurde mit viel frischem Gemüse auch ihr Skorbut besser.

Natürlich standen mir um diese Jahreszeit im November auch keine frischen Erbsen zur Verfügung. Wegen unseres Umzugs muß jedoch der Kühlschrank geleert werden. Aus mir unbekannten Gründen, befinden sich im Gefrierfach drei Packungen mit tiefgekühlten Erbsen. Da Erbsen zu den wenigen Gemüsen gehören, die tiefgefroren fast so gut schmecken wie frisch, habe ich jetzt eine Packung Erbsen weniger im Kühlschrank.

Schinkenspeck oder Speck, der eigentlich auch ins Risi e bisi gehört, war keiner im Haus. Kurzerhand weichte ich eine Handvoll getrockneter Morcheln ein und machte ein Risi Bisi mit Morcheln. Mag sein, daß das so manchen venezianischen Koch schaudern lässt. Es schmeckte jedoch hervorragend.

Ein Risi e bisi, so habe ich mir sagen lassen, solle im Gegensatz zum Risotto eher suppig sein: So eine Art Reissuppe mit Erbsen oder eine ziemlich dicke Minestrone, die man dann all’onda nennt. Deshalb goß ich die restliche heiße Fleischbrühe erst am Schluß zum Reis. Den frisch geriebenen Parmesan hatte ich ins Risi e bisi eingerührt. Doch auf dem Foto vergaß ich dann, das Gericht mit Parmesan zu bestreuen.  Ist ja optisch eigentlich auch egal...Ach ja, und Risottoreis hatte ich auch keinen mehr. Da nahm ich Paellareis. Der ist zwar auch rund, aber nicht so recht für ein Risotto geeignet, das er nicht sämig kocht. Für das suppige Risi e bisi spielte das jedoch nicht wirklich eine Rolle...


Risi Bisi mit Morcheln
circa 500 g frische oder tiegefrorene Erbsen
1 Handvoll getrocknete Morcheln
1 weiße Zwiebel
3 EL Olivenöl
gut 1 Liter heiße Hühner- oder Gemüsebrühe
250 g Risottoreis (z.B. Vialone)
50 g Butter
100 g frisch geriebener Parmesankäse
Salz und frisch gemahlener Pfeffer
Basilikumblätter oder glatte Petersilie

Morcheln in warmem Wasser einweichen. Zwiebel häuten und fein hacken. Olivenöl in einem flachen Topf erhitzen. Im heißen Öl die Zwiebeln glasig anschwitzen. Den trockenen Reis zufügen und uner Rühren glasig dünsten. Kochende Fleischbrühe auffüllen. Morcheln in Ringe scheiden und samt der durchgesiebten Einweichflüssigkeit zum Reis geben.Ungefähr 15-20 Minuten köcheln. Eventuell noch Brühe auffüllen.

Nach gut 10 Minuten die Erbsen zugeben und noch 5 Minuten kochen. Kurz bevor der Reis gar ist, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Ist das Risi e bisi nicht suppig genug, die restliche Brühe zugießen.

Die Hälfte des Parmesan und die Butter untermischen. Basilikum fein schneiden und über das Risi e bisi streuen. Mit dem restlichen Parmesan servieren.



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4 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

merke ich mir vor für den Frühling, dann gibt's frische junge Erbsen und auch frische Morcheln.

Veronica hat gesagt…

Sieht sehr lecker aus. Vielen Dank für das Rezept.

Margit Kunzke hat gesagt…

@Bolli: Mit frischen Zutaten schmeckt Risi e Bisi sicher noch besser
@ Veronica: Die Morcheln sind aus der Schweiz...

Veronika hat gesagt…

Das wird gleich am Samstag gekocht;-)

LG, Veronika, Morcheln und Reis sind auch bei mir immer vorhanden;-)