Mittwoch, 8. Juni 2011

Marcel Proust und der Spargel von Edouard Manet

Diesen einsamen Spargel malte der französische Maler Edouard Manet als Dank dafür, daß das Honorar für sein Stillleben von einem Spargelbund (Wallraf-Richartz Museum, Köln) höher war als vereinbart.

 Der Bankier und Kunstsammler Charles Ephrussi hatte 1880 das Gemälde Botte d'Asperges von Manet gekauft. Er war so von dem Bild begeistert, daß er dafür nicht nur die verlangten achthundert Francs zahlte, sondern tausend Francs überwies. Als Dank schickte ihm Manet ein Päckchen mit der Notiz: “Einer fehlte in Ihrem Bund”. In dem Päckchen befand sich das Stillleben mit dem einsamen Spargel. Dieses Bild ist heute im Musée d'Orsay in Paris zu sehen.
  
Marcel Proust hat beide Bilder Manets im Frühjahr 1899 in der Sammlung Ephrussi gesehen. Dank Proust  ist der Spargel auch in die Literatur eingegangen. In seinem Romanwerk "A la recherche du temps perdu" beschreibt Proust den Spargel immer wieder als Genuß für Auge und Gaumen. Besonders hübsch ist die detaillierte Beschreibung des Gemüses in Du côté de chéz Swann: “Sie schienen in Ultramarin und Rosa getaucht, und ihre mit feinen Pinselstrichen in zartem Violett und Himmelblau gemalten Ähren wurden zum Fuss hin – der allerdings noch Spuren trug vom Boden ihres Feldes – immer blässer, in unmerklichen, irisierenden Abstufungen, an denen nichts Irdisches haftete“.

Eine direkt Anspielung Prousts auf die Spargelbilder Manets und deren Kauf durch Ephrussi ist die Unterhaltung des Herzog von Guermantes und Bréauté während eines Spargelessens. Es geht um Swann, der dem Herzog ein Spargelbild verkaufen wollte. "Swann hatte tatsächlich die Stirn, uns zum Kauf eines Spargelbundes zu raten. Wir haben das Bild daraufhin sogar ein paar Tage im Haus gehabt. Es war nichts weiter als das darauf, ein Bund Spargel, genau wie die, die Sie gerade schlucken, die Spargel von Herrn Elstir aber habe ich nicht geschluckt. Er verlangte dreihundert Francs dafür. Dreihundert Francs für einen Bund Spargel! Einen Louis höchstens sind sie wert..."

Manet war nicht der erste Maler, der die Gemüsestangen künstlerisch verarbeitete. Die Darstellung von Spargel in der Kunst zieht sich durch mehr als 2000 Jahre. Die älteste bekannte Abbildung eines Bunds Spargel findet man schon 10 Jahre vor Christi Geburt auf einem Wandgemälde aus Pompeji.  Im Amsterdamer Rijksmuseum gibt es ein Bild mit einem Spargelbund von Adriaen Coorte (1660–1707), der jenem von Manet erstaunlich ähnlich sieht. 
Coorte  hat gern Spargel gemalt; auf 13 seiner 60 Stillleben steht er im Zentrum. Nur randvolle Schüsseln mit Erdbeeren kommen noch häufiger in seinen Bildern vor.
 
Von A. Paul Weber gibt es die Druckgrafik “Der Spargelesser” aus dem Jahr 1955. Sie zeigt den zum Tode verurteilten Mackie Messer, der sich  als Henkersmahlzeit ausgerechnet Spargel gewünscht hatte.

 Daß man dem Spargel erotische Wirkung  nachsagt, die im Verhältnis zur Größe der Spargelstangen  stand, verwundert gar nicht. Zu Zeiten von Artistoteles wurde Spargel als Medizin und Aphrodisiakum empfohlen und junge Paare mit Spargelkraut geschmückt, um für die Freuden des Ehelebens gewappnet zu sein. Zur Zeit des römischen Kaisers Augustus sollen in Ravenna so dicke Spargel geerntet worden sein, daß nur sechs Stück ein Kilo wogen.
Wer noch mehr über das edle Gemüse wissen will, kann zur Überbrückung der spargellosen Zeit im oberbayrischen Schrobenhausen bei Ingolstadt  das Europäische Spargelmuseum besuchen. Es ist in einem Turm der Stadtmauer, dem früheren Gefängnis- und Amtsturm untergebracht. Das Museum zeigt fast alles über Geschichte, Anbau, Botanik, Kunst und Kuriositäten des Spargels, auch eine Menge Rezepte und Kochbücher.
Uns Spargelliebhabern bleiben von dem Spargeljahr 2011 noch knapp zwei Wochen. Am 24. Juni, zu Johanni ist Schluß mit dem Spargelgenuß oder wie  eine alte fränkische Bauernregel zum Ende der Spargelsaison lautet“Kirschen rot, Spargel tot”.

Wie man Spargel kocht, muß ich ja nicht mehr schreiben. Das soll jede(r) machen wie sie/er will: Senkrecht gestellt im speziellen Spargelkochtopf, traditionell liegend (der Spargel, nicht die Köchin)  in Wasser gegart oder neumodisch im Bratschlauch im Backofen...chacun à son goût...

 Wilhelm Busch lässt seine Fromme Helene sagen :
“Denn Spargel, Schinken, Koteletts
Sind doch mitunter auch was Netts.”

Bei mir gab's zwar keine Koteletts zum Spargel, aber ganz klassisch Schinken und eine Sauce Hollandaise. Hausgemacht versteht sich….

Mein Rezept für die Sauce Hollandaise klingt ein wenig altmodisch. Ich habe es aus einem der ersten französischen Kochbücher, die ich mir kaufte.: Tante Marie, la véritable cuisine traditionelle.  Auf dem Schutzumschlag steht so nett , daß nach diesem Kochbuch eine ganze Nation - "La Grande Nation" Frankreich koche. Mit acht Millionen Exemplaren war es seinerzeit das meistgekaufte Kochbuch in Frankreich. Als frankophile Anfangsköchin habe ich damals mit Begeisterung nach diesem Kochbuch gekocht. Und tue es heute noch gern...

Sauce hollandaise à la Tante Marie
2 Eigelb
1 EL Wasser
1 g Salz
0,5 g weißer Pfeffer
150 g Butter
40 g Zitronensaft

Zunächst die Butter in kleine Würfel schneiden. In einem kleinen Topf bei schwacher Hitze langsam schmelzen. Wenn die Butter geschmolzen ist, den Topf vom Herd nehmen und 2-3 Minuten ruhen lassen. Dann vorsichtig den Schaum abschöpfen, der sich auf der Oberfläche gebildet hat.
Nun die Eier teilen. Eigelb in eine Schüssel geben. Mit dem Schneebesen und 1 EL Wasser die Eigelb gut verrühren.
Das Wasserbad vorbereiten. Dafür heißes Wasser in einen Topf schütten, der groß genug für die Schüssel mit dem Eigelb ist. Schüssel ins heiße Wasserbad stellen und die Eigelb unter ständigem Rühren mit dem Schneebesen erwärmen.

Dann wie bei der Herstellung einer Mayonnaise die geschmolzene Butter langsam in fadendünnem Strahl zugießen. Das Rühren nicht vergessen. Wenn die Hitze zu groß wird, die Schüssel aus dem Wasserbad nehmen und später wieder hineintun. Dabei immer die Konsistenz des Eigelbs beobachten, denn die Sauce Hollandaise gerinnt sehr schnell. Die Sauce Hollandaise ist fertig, wenn sie schwer vom Löffel fällt.
Zum Schluß unter ständigem Rühren den Zitronensaft tropfenweise dazu geben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Wer sich die Sauce Hollandaise nicht zutraut, kann eine Sauce bâtarde versuchen, ebenfalls ein Klassiker der französischen Küche. Sie ist nicht ganz so edel wie einen Holländische Sauce, pflegt aber nicht zu gerinnen und schmeckt zu Spargel und anderen Gemüsen ebenso gut.

Rezept für eine Sauce bâtarde
2 Eigelb
250 g  Butter
3 EL Mehl
 60 cl warmes Wasser leicht gesalzen
1 EL Zitronensaft
Salz und weißer Pfeffer aus der Mühle

Eigelb mit 1 EL kaltem Wasser verrühren.
60 g Butter bei schwacher Hitze in einem Topf zerlassen. Das Mehl hinzufügen und mit dem Schneebesen solange rühren, bis die Mischung Blasen wirft. Den Topf vom Herd nehmen, das warme Wasser zugießen und mit einem Schneebesen schnell verrühren. Den Topf wieder auf die Herdplatte stellen und die Sauce unter ständigem Schlagen zum Kochen bringen. Wieder von der Herdplatte nehmen und 2-3 Minuten abkühlen lassen. Dann das geschlagene Eigelb unterziehen.  Den Topf wieder auf den Herd stellen und unter stetem Rühren erhitzen, bis die Masse dicklich wird. Sie darf nicht mehr kochen.

Vom Herd nehmen und die restliche Butter unterrühren. Mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken und sofort servieren.


P.S. Diese Bilder- oder Mediendateien sind gemeinfrei,  weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für alle Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 Jahren oder weniger nach dem Tod des Urhebers. Diese fotografische Reproduktion wird daher auch als gemeinfrei angesehen.

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