Samstag, 12. Februar 2011

Kutteln: Delikatesse oder Hundefutter?

Was manchen den Magen herumdreht, halten andere für einen lukullischen Höhepunkt: Kutteln, Kaldaunen,  Fleck oder Pansen.
Millionen Franzosen können sich nicht irren, dachte ich, als ich vor Jahren zum erstenmal in der normannischen Hafenstadt Caen die berühmten Kutteln Tripes à la mode du Caen probierte. Für dieses Gericht werden Kutteln mit Lauch, Zwiebeln, Karotten, Kalbsfüßen, Knoblauch und Kräutern in einen feuerfesten Topf geschichtet, mit einer Mischung aus Cidre, Calvados und Hühnerbrühe bedeckt, mit Scheiben von Rinderfett belegt und für zehn bis zwölf Stunden im Backofen bei mäßiger Temperatur geschmort.  Es war sozusagen kulinarische Liebe auf den ersten Biß. Seither bin ich bekennende Kuttel-Liebhaberin.
Callos a la Madrileña
Kutteln werden zubereitet aus dem gereinigten und gebrühten Vormagen (Netzmagen und Pansen) der Wiederkäuer. Hauptsächlich stammen sie vom Rind und Kalb, in südlichen Ländern auch vom Lamm. Früher bekam man die Kutteln beim Metzger schlecht gereinigt, man mußte sie noch lange waschen und reinigen. In der Küche hat sich dann ein etwas unangenehmer Geruch verbreitet. Inzwischen werden die Kutteln bereits vom Metzger unter Dampf gründlich gereinigt und vorgebrüht. Die Kutteln werden vor dem Kochen in schmale Streifen geschnitten, oder man kauft sie schon fertig geschnitten beim Metzger.

Kutteln gelten in vielen Ländern als Arme-Leute-Essen. In der traditionellen und bäuerlichen Küche in Italien, Spanien oder Portugal bilden Kutteln Trippa alla fiorentina oder Callos a la Madrileña dagegen auch heute noch einen wichtigen Teil der Esskultur.
Die Portugiesen sollen ihre geliebten Tripas a moda do Porto sogar so häufig essen, daß ihnen der Spitzname Tripeiros (Kuttelfresser) verliehen wurde.
Kutteln werden zu Ragouts, Eintöpfen und Suppen verarbeitet oder gebraten als Hauptgericht gegessen. In Frankreich gibt es außerdem mehrere Wurstsorten, die mit Kutteln zubereitet werden.
In Süddeutschland, Sachsen und der Schweiz werden Kutteln nur noch von wenigen Feinschmeckern geschätzt und gehören sie trotzdem nach wie vor auf die Speisekarte vieler ländlicher Gasthöfe.

Schlichter als die normannischen Kutteln aber nicht weniger lecker waren die schwäbischen sauren Kutteln mit Bratkartoffeln, die ich heute im Lamm in Korb-Steinreinach aß. Saure Kutteln sind ein traditionelles schwäbisches Hauptgericht, welches das ganze Jahr über und  besonders gerne während der Fastenzeit und am Aschermittwoch gegessen wird.
Saure Kutteln im Lamm in Steinreinach
Saure Kutteln in Trollingersauce - eine schwäbische Spezialität
800 g vorgekochte und feine Streifen geschnittene Kutteln,
2 Zwiebeln,
1-2 EL Butterschmalz,
1 Flasche guten Trollinger („A guadr Wai, gibt au a guade Soß!“)
1/8 l Fleischbrühe
1 Lorbeerblatt
4-5 Wacholderbeeren
1-2 Gewürznelken
2 EL Mehl,
2 EL Tomatenmark,
abgeriebene Schale einer halben Zitrone
Rotweinessig nach Geschmack
Salz und schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Zwiebeln häuten und fein hacken. In dem heißen Butterschmalz anschwitzen. Dann die Kutteln zugeben und anrösten. Mit Mehl bestäuben und eine hellbraune Farbe annehmen lassen. Tomatenmark zugeben kurz mitrösten. Mit Rotwein ablöschen. Lorbeerblatt, Wacholderbeeren, Nelken und die abgeriebene Zitronenschale und Fleischbrühe zufügen.
Die Kutteln in circa 40 bis 50 Min. weichkochen.
Mit Salz, Rotweinessig und Pfeffer abschmecken.
Dazu essen die Schwaben unbedingt Röstkartoffeln (Bratkartoffeln) aus gekochten Kartoffeln.


Meine Kölner Schwiegermutter überzeugte ich mit diesem köstlichen provençalischen Kuttelrezept.
Kutteln werden in Quadrate geschnitten, wie ein Schnitzel paniert und dann knusprig gebraten. Dazu gibt es eine Schnittlauchsauce.

Gebratene Kutteln mit Schnittlauchsauce
1 Kilo ganze Kutteln
Paniermehl
1-2 Eier
Olivenöl zum braten
1 Bund Schnittlauch
Butter
1 Knoblauchzehe
Salz
Zitronensaft

Kutteln in circa 2x2 cm große Stücke schneiden. Eier verrühren und leicht salzen. Kutteln erst in Ei dann in Paniermehl wälzen. Öl in einer großen Pfanne erhitzen. Die panierten Kutteln im heißen Öl knusprig braun braten. Kurz auf Küchenkrepp legen , um überschüssiges Fett zu entfernen.

Für die Schnittlauchbutter die ungeschälte Knoblauchzehe mit einem schweren Messer leicht quetschen. Butter in einer Pfanne schmelzen. Knoblauchzehe zufügen und bei geringer Hitze mitbraten. Schnittlauch mit der Schere in feine Röllchen schneiden. Zur geschmolzenen Butter geben. Mit Salz und Zitronensaft abschmecken. Knoblauch vor dem Servieren entfernen. Schnittlauchbutter zu den gebratenen Kutteln servieren.

Deftig mit Chorizo, Schinkenwürfeln und Kicherebsen mögen die Spanier ihre Kutteln
Callos a la Madrileña - Kutteln nach Art der Madriderin
1 kg Kutteln (vom Metzger vorbereitet und vorgekocht)
1 Schinkenknochen
250 g durchwachsener Speck oder Schinkenspeck
2 luftgetrocknete Blutwürste (Morcilla)
2 Chorizos (spanische Paprikawürste)
1Morcilla (spanische Blutwurst)
1 Knoblauchknolle
2 Zwiebeln
3 Stengel glatte Petersilie
1 Lorbeerblatt
4 EL fruchtiges spanisches Olivenöl nativ extra
1 TL süßes Paprikapulver Pimentón de la Vera dulce
100 g gekochte Kichererbsen
Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer


Die Kutteln in Streifen schneiden. Schinkenspeck grob würfeln. Eine Zwiebel häuten und vierteln. Knoblauchknolle quer halbieren.
Kutteln in circa anderthalb Liter kaltem Wasser auf den Herd setzen und zum Kochen bringen. Eventuell mit dem Schaumlöffel abschäumen. Schinkenknochen, Schinkenspeck, Knoblauch, 1 Zwiebel, Petersilie und Lorbeerblatt zugeben.Zugedeckt bei kleiner Hitze 45-50 Minuten kochen.

Chorizos und Morcillas in dicke Scheiben schneiden, mit den Kichererbsen zu den Kutteln geben und weitere 10-15 Minuten bei kleiner Hitze mitkochen.

Die andere Zwiebel häuten und fein hacken. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Zwiebeln darin goldbraun anbraten. Paprikapulver unter Rühren zufügen und mit etwas Kochflüssigkeit ablöschen. Die Mischung zu den Kutteln geben und verrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und noch 5 Minuten köcheln.
Sehr heiß mit knusprigem Baguette servieren.

























































































































































































2 Kommentare:

Johannes Guggenberger hat gesagt…

Kutteln nach Art der Madriderin! Das wird sicher von mir probiert, das Rezept liest sich spannend gut!

alwi hat gesagt…

Die ersten Erfahrungen mit Kutteln habe ich 1983 in der Normandie mit Tripes à la mode du Caen gemacht. Bei Besuchen in der Normandie esse ich diese Spezialität immer wieder gern.
Bei meinen Begleitern dreht sich dann der Magen um.